thaumazein

Matthias schrieb mir ´mal, daß es wohl kaum mein Interesse sein könne, zu verschrecken, mit Musik. - Ich bin mir da gar nicht so sicher, wirklich nicht. Mir geht´s um thaumazein (altgr. für "staunen, hochschätzen,nicht begreifen können, wissen wollen"), & das schließt den Terror mit ein. Thaumazein ist keineswegs ein gewaltloser Prozeß/Zustand, sondern eine Erschütterung in den Grundfesten. Das hat ´rein gar nix mit Spaß zu tun, oder Erbauung. Es wäre ein böses Mißverständnis, wenn das verstanden würde auf einer psychologischen Basis, oder irgendwie Selbsterfahrungs-mäßig eingeordnet. Ekelhaft, sowas.
Dagegen Hölderlin: "Jezt [sic] komme, Feuer!/Begierig sind wir/zu schauen den Tag./Und wenn die Prüfung/Ist durch die Knie gegangen,/Mag einer spüren das Waldgeschrei." (Der Ister)
& natürlich der Rilke: "Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel/Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme/einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem/stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts/als des Schrecklichen Anfang, den wir grade noch ertragen,/und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,/ uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich." (Erste Duineser Elegie).
Alles andere ist kindischer blasierter Schmarrn.
Kunst zu machen & zu empfangen ist eine feste Anspannung alles dessen, was mich macht, alles zusammen, & es ist einen Dreck wert, wenn es nicht durchreflektiert ist, sauber begriffen. Es muß weh tun, leicht jedenfalls darf es nie sein, oder einfach. Ich red´ jetzt nicht von einer metaphsysischen Heroik, sondern von einem internen Getriebensein, nix von BlutundBoden-Romantik des Sichbewährens & so Krampf, sondern vom Arbeiten, vom ´Rumstochern & sich Abmühen; & dann, wenn ich durch bin, rücksichtlos dem Gegenüber in´s Gfries, bis es steckenbleibt, bis alles Menschliche, alle Anthropomorphie d´raus vertrieben ist, bis es ganz & gar durchlässig ist. Dürer spricht von Gottes Hand, die ihm den Stichel führen soll, & daß sein Ego nur durch die Fehler sich zeigt, wie sehr er dem noch im Wege steht. Das genau ist es, alles wegschaben & abhauen, was noch an Schranken & Fisimatenten von mir selbst in meinem Kunstmachen noch d´rinsteckt, nicht metaphysischer ewiger Wahrheiten wegen, sondern um alle Kraft bündeln zu können, um ein Loch zu schlagen in´s Draußen, in´s Gegenüber, um, wie bei Celan, jenseits der Menschen sich den Lichtton zu greifen. & das brennt, wenn/was ich da anfasse.
logo

user

Du bist nicht angemeldet.

Archiv

Januar 2006
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 
 2 
 7 
 8 
 9 
16
18
22
23
25
26
27
 
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Umzug
Das Weblog der Apollinischen Netze & Seife ist...
jkenter - 23. April, 19:36
nachhängen, den alten...
Schade - hier kommt nichts mehr. Dabei war das doch...
dieBremer - 22. April, 08:20
meine Güte, einige davon...
meine Güte, einige davon hier in Bremen! aber es gab...
dieBremer - 8. April, 21:00
also der Jan ist echt...
also der Jan ist echt ein großer Seitenmeister!!! Auch...
dieBremer - 8. April, 20:58
"Stolperstein"
Claudia hat einen weiteren von den Stolpersteinen in...
dieBremer - 7. April, 21:56

Suche

 

Status

Online seit 7027 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 23. April, 19:36